Renault Austral

Auf Kadjar folgt Austral

Der Kadjar hat bei Renault ausgedient. Das Nachfolgemodell mit dem Namen Austral tritt in der gleichen Klasse an, ist aber technisch und optisch deutlich weiter entwickelt.

Von Wolfgang Schäffer

Erstmals setzt Renault beim neuen Austral die CMF-CD genannte Plattform der Allianz Nissan-Renault-Mitsubishi ein. Die ermöglicht bei einer Länge von 4,51, einer Breite von 1,83 und einer Höhe von 1,62 Metern ein gutes Platzangebot. Groß gewachsene Personen können auch in der zweiten Reihe bequem reisen. Drei unterschiedliche Benzinmotoren mit Hybridtechnologie stehen für das kompakte SUV zur Wahl. An erster Stelle ist dabei mit dem E-Tech Full Hybrid 200 ein Vollhybrid mit 400-Volt-Netz zu nennen. Mit dem werden wir uns an dieser Stelle vornehmlich beschäftigen. Deshalb nur kurz etwas zu den beiden anderen Antriebsvarianten: Die technische Basis für den Mild Hybrid 140 (103 kW/140 PS) und den Mild Hybrid 160 Automatik (116 kW/158 PS) bildet ein Vierzylinder-Turbobenzinmotor mit 1,3 Liter Hubraum.

Neuer Vollhybrid für den Renault Austral

Der E-Tech Full Hybrid 200 hingegen basiert anders als bei den bisherigen Vollhybridantrieben der Marke mit 1,6-Liter-Saugmotor jetzt auf einem neu entwickelten 1,2-Liter-Turbobenziner mit 96 kW/131 PS. Renault kombiniert den Dreizylinder mit zwei Elektromotoren, die zusammen 50 kW/68 PS mobilisieren, einem Multi-Mode-Getriebe sowie einer Lithium-Ionen-Hochvoltbatterie mit 1,7 kWh Kapazität. Die Batteriespannung beträgt 400 Volt. Die Systemleistung liegt bei 147 kW/200 PS, das Drehmoment des Benzinmotors beträgt 205 Newtonmeter. Die Beschleunigung aus dem Stand auf Tempo 100 gelingt in 8,4 Sekunden. Naturgemäß ist bei einem 1,7 kWh-Akku keine große rein elektrische Reichweite zu erwarten. Das interessante an diesem Antrieb aber ist die hohe Rekuperationsleistung. Sie soll laut Renault im Stadtverkehr dazu führen, dass 80 Prozent aller Wege tatsächlich elektrisch gefahren werden können. Wir waren mit dem Austral E-Tech Full Hybrid 200 bei den ersten Testfahrten überwiegend auf Land- und Schnellstraßen unterwegs, immer nur kurz unterbrochen von kurzen Ortsdurchfahrten. Dennoch zeigte der Bordcomputer nach einer Gesamtstrecke von 250 Kilometern an, dass 44 Kilometer rein elektrisch absolviert wurden. Demzufolge musste der Benziner weniger arbeiten, benötigte weniger Kraftstoff. So war unterm Strich ein Durchschnittsverbrauch von mehr als akzeptablen 6,4 Litern für die 100 Kilometer Distanz abzulesen. Denn zum einen war der Gasfuß keinesfalls zurückhaltend im Einsatz. Auf der anderen Seite ging die Reise bis auf eine Höhe von knapp 2.000 Metern. Zur hohen Effizienz des Austral E-Tech Full Hybrid 200 trägt die rekuperative Bremsstrategie bei. Mit Hilfe von Paddels am Lenkrad kann zwischen vier Rekuperationsstufen von Stufe 0 (kein rekuperatives Bremsen) bis hin zur Stufe 3 (maximale Rekuperation) gewechselt werden. So lässt sich der Austral bei der Bergabfahrt vor den Kurven nach ein wenig Übung gut entschleunigen, ohne das Bremspedal zu betätigen. Ein One-Pedal-Driving, also das Reduzieren der Geschwindigkeit bis zum Stillstand ist mit den Wippen am Lenkrad jedoch nicht möglich.

Vier Fahrmodi im Renault Austral

Je nach Energiebedarf, Leistungsabgabe, Ladestand des Akkus und aktiviertem Fahrprogramm (die Modi Eco, Comfort, Sport und Individuell stehen zur Verfügung) ermöglicht das System den Betrieb im vollelektrischen Modus sowie im seriellen und parallelen Hybridmodus. Beim seriellen Hybrid treibt der Verbrennungsmotor den Generator an, der wiederum den elektrischen Fahrmotor mit Energie versorgt und den Akku lädt. Dies ist etwa bei geringem Ladestand der Fall. Im Parallelhybridbetrieb wirken E-Motoren und Verbrennungsmotor zugleich auf den Antriebsstrang, etwa beim starken Beschleunigen. Unabhängig vom Fahrprogramm startet der Austral E-Tech Full Hybrid 200 immer im Elektromodus, da ein Rest Energie immer in der Batterie verbleibt.

Die Entscheidung gegen einen Plug-in-Hybrid ist nach Aussagen eines Sprechers auch deshalb gefallen, da in einigen Ländern Europas der CO2-Ausstoß entscheidend für die Besteuerung ist. Und da liege der Austral E-Tech Full Hybrid 200 mit 106 Gramm CO2 pro Kilometer und damit bis zu 40 Prozent weniger als bei einem reinen Benzinmodell vergleichbarer Leistung sehr gut im Rennen.

Wenn’s um die Abstimmung von Federung, Dämpfung und Lenkung geht, ist deutlich zu erkennen, dass die Entwickler die komfortable Fortbewegung weit oben auf ihrer Prioritätenliste stehen hatten. Und so passiert der Austral selbst wirkliche schlechte Fahrbahnabschnitte absolut souverän. Dessen ungeachtet bereiten auch flott gefahrene Kurven keinerlei Probleme. Selbst im Modus Komfort reagiert die Lenkung noch so, dass der Wagen brav in der vorgegebenen Spur bleibt. Beim Wechsel auf Sport spannt der Austral spürbar die Muskeln. Die Lenkung reagiert ein wenig direkter, Federung und Dämpfung werden straffer. Zu berücksichtigen ist dabei aber, dass der Wagen mit der Allradlenkung ausgerüstet war. Als wichtigste Neuerung wurde das System im Austral mit einer Mehrlenker-Hinterachse kombiniert, die auf schlechten Straßen die vertikale Bewegung der Räder ausgleicht und somit Handling und Komfort verbessern soll. Bei niedrigen Fahrgeschwindigkeiten schlagen die Hinterräder mit maximal fünf Grad statt wie bisher 3,5 Grad in entgegengesetzter Richtung zur Vorderachse ein. Damit ist der Austral auf kurvenreichen Strecken und auch im Stadtverkehr agiler unterwegs. Sein Wendekreis innen beträgt lediglich 10,1 Meter und liegt damit auf dem Niveau des Kleinwagens Renault Clio. Und auch die Abstimmung des Multi-Mode-Automatikgetriebes zeigt sich leicht verändert. Die Kraftübertragung des überarbeiteten Getriebes ermöglicht15 statt der bisher 14 Fahrstufenkombinationen. Renault verspricht damit mehr Effizienz und ein noch direkteres Ansprechverhalten. Doch die Wechsel zwischen den einzelnen Fahrstufen verlaufen nicht wirklich seidenweich. Ein kleines Ruckeln und Zucken verbunden mit einer Atempause ist immer mal wieder zu spüren, wenn es zügig voran geht.

Innenraum des Renault Austral bietet viel Platz

In den Kurven könnten die ansonsten sehr bequemen Sitze dann durchaus ein wenig mehr Seitenhalt geben. Darüber hinaus aber zeigt sich der Innenraum von einer guten Seite. Nach dem Megane E-Tech Electric ist der Austral das zweite Renault Modell mit dem openR Cockpit. Es beinhaltet zwei Bildschirme in Form eines liegenden „L“. Das hochformatige 12-Zoll-Multimediadisplay (Serie ab Techno) und das digitale 12,3-Zoll-Kombiinstrument. Die Basisausstattung Equilibre verfügt über einen querformatigen Multimediamonitor im Neun-Zoll-Format. Die Anzeigen im extrem clean gehaltenen Kombiinstrument aber sind schon recht gewöhnungsbedürftig. Digitale Striche, die sich ohne jegliche Skalierung quasi im Nichts bewegen, Prozentangaben über Stromverbrauch, die im Prinzip nichts aussagen – damit wird die Digitalisierung schlichtweg überstrapaziert. Als Sonderausstattung ist für den Austral ein Head-Up-Display im 9,3-Zoll-Format lieferbar. Besonderes Kennzeichen des Austral Interieurs ist in den Versionen mit Automatik eine längs verschiebbare, aus satiniertem Chrom gefertigte und mit einem fein genarbten Bezug versehene Handauflage auf der Mittelkonsole zum bequemeren Bedienen des Zentralmonitors und der Klimatisierung.

Ab der Ausstattung Techno lassen sich die im Verhältnis ein Drittel zu zwei Drittel geteilten Segmente der Rückbank unabhängig voneinander um 16 Zentimeter längs verschieben. Je nachdem, ob maximale Beinfreiheit oder größtmögliche Ladekapazität benötigt werden, stehen beim E-Tech Full Hybrid 200 dann zwischen: 430 bis 550 Liter zur Verfügung. Werden die hinteren Lehnen umgeklappt, steigt die Kofferraumgröße auf bis zu 1.455 Liter.

Renault Austral mit typischen SUV-Elementen

Optisch haben die Designer mit Unterfahrschutz vorne und hinten sowie Protektoren an Radhäusern und Seitenschwellern dem Austral typische SUV-Elemente. Die Front des kompakten SUV prägt eine verchromte horizontale Leiste, die den großen, schachbrettartig strukturierten Kühlergrill durchzieht und sich zwischen den LED-Scheinwerfern erstreckt. Am Heck unterstreicht ein LED-Leuchtenband die Breite des Autos. In der Seitenansicht fallen die flachen Neigungswinkel von Front- und Heckscheibe sowie die nach hinten ansteigende Fensterlinie auf. Aluräder mit 17, 19 oder 20 Zoll stehen zur Wahl.

Der Einstiegspreis für den Renault Austral liegt bei 29.900 Euro. Der E-Tech Full Hybrid 200, der von Dezember an angeboten wird, startet bei 40.400 Euro.

 

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