Porsche911GTS

Galaktischer Auftritt

In der Porsche-Galaxy glänzt der neue 911 GTS als T-Hybrid besonders hell. Erstmals haben die Entwickler die Ikone unter den Sportwagen elektrifiziert – und damit die Performance auf ein neues Level gehoben.

Von Wolfgang Schäffer

Ein Elfer unter Strom? Für die Fan-Gemeinde des Carrera eigentlich ein unverzeihlicher Frevel. Mit Argusaugen werden schließlich bei jedem Modellwechsel, bei jedem noch so kleinen Facelift Veränderung betrachtet und oftmals zunächst heftig kritisiert. Und jetzt wagen es die Ingenieure in Zuffenhausen sogar, den 911, der intern 992.2 genannt wird, auf der Elektrowelle mitschwimmen zu lassen. Im ersten Moment dürfte die Empörung unter den Elfer-Jüngern ungeahnte Dimensionen erreichen.

Elektrische Helferlein

Spätestens aber auf den ersten Kilometern mit dem T-Hybrid, der ausschließlich in der besonders sportlichen Version GTS, zum Einsatz kommt, wird sich die Schnappatmung legen oder besser gesagt, gibt es einen anderen Grund dafür. Denn mit den elektrischen Helferlein katapultiert sich der T-Hybrid auf eine neue Ebene oder eben auch in eine neue Galaxy. Schon bislang war der GTS mit seinen 480 PS alles andere als schwächlich. Doch mit der Modellpflege ist die Leistung jetzt 541 PS und der Hubraum des Sechszylinder-Boxermotors von 3,0 auf 3,6 Liter gewachsen. Das Drehmoment beträgt satte 610 Newtonmeter.

Hubraum von 3,0 auf 3,6 Liter gewachsen

Von wegen elektrisch und damit lautlos – mit tiefem sonorem Klang erwacht das Triebwerk an diesem sternenklaren Himmel kurz nach Mitternacht. Von der Elektrifizierung ist beim Anlassen der Maschine nicht einmal etwas zu erahnen. Der Zündschlüssel ist übrigens passé, wird jetzt von einem Starterknopf ersetzt. Der liegt traditionell aber weiterhin auf der linken Seite des Lenkrads.

Am Fuß des Tetraeder

Wir sind einerseits so früh unterwegs, damit für die erste Ausfahrt mit dem 911 Targa GTS die Autobahn möglichst leer sein sollte. Auf der anderen Seite soll der T-Hybrid die ersten Strahlen des Sonnenaufgangs einfangen. Und das unter dem Tetraeder auf der 90 Meter über der Umgebung aufragenden Halde an der Beckstraße in Bottrop. Die in der Nacht zum Teil illuminierte knapp 60 Meter hohe spektakuläre Skulptur auf dem Plateau ist nicht nur ein beliebtes Ausflugsziel mit Blick auf weite Teile des Ruhrgebiets. Das Kunstobjekt aus Beton und Stahl mit freischwebenden Treppen ist ein idealer Platz, um den Elfer ins richtige Licht zu setzen. Hier oben herrscht eine besondere Atmosphäre. Irgendwie näher an den Sternen – und das eben bei Dunkelheit.

Unfassbare Performance

Die durchschneidet der mit Matrix-LED-Scheinwerfern ausgestattete Porsche auf dem Weg nach Bottrop mit unfassbarer Performance. Schon ein sanfter Druck aufs Gaspedal reicht aus, um den über alle vier Räder angetriebenen T-Hybrid geradezu explosionsartig vorwärts zu treiben. Es vergehen gerade mal ein paar Atemzüge, um das Tempo von 100 auf 200 Kilometer pro Stunde zu erhöhen.

In der Spitze Tempo 312

Der Magen klebt derweil an der Wirbelsäule und löst sich danach keineswegs. Denn die Beschleunigungsorgie, ja, die ist es tatsächlich, setzt sich ohne die geringste Unterbrechung fort. Bei 270 signalisiert ein Warnhinweis, dass der Luftdruck der Reifen für ein noch höheres Tempo nicht ausreicht. Die von Porsche angegebene Spitzengeschwindigkeit von 312 Kilometer pro Stunde haben wir demzufolge nicht erreicht. Auch mit dem Vorgänger wäre die zu schaffen gewesen. Doch beim Sprint aus dem Stand auf Tempo 100 hängt der T-Hybrid mit drei Sekunden laut Datenblatt den bisherigen GTS um 0,4 Sekunden ab. In diesem Bereich sind das Welten.

eTurbo und integrierte E-Maschine

Diesen immensen Leistungssprung haben die Entwickler mit dem Performance-Hybridantrieb erreicht. Diese besonders leichte Antriebseinheit setzt sich aus einem elektrischen Abgasturbolader (eTurbo), einer kompakten und leichten Hochvolt-Boostbatterie, einer effizienten Leistungselektronik, dem neu entwickelten 3,6-Liter-Boxermotor sowie einem verstärkten Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe mit einer integrierter E-Maschine zusammen. Der eTurbo umfasst einen Elektromotor, der zwischen Verdichter- und Turbinenrad sitzt. Er ist direkt mit der Welle des

Blitzartig auf Drehzahl

Laders verbunden und kann sie unabhängig von der Motordrehzahl oder dem Lastzustand des Antriebs blitzartig auf Drehzahl bringen. Der volle Ladedruck steht jederzeit und vor allem spürbar zur Verfügung.

Bis zu elf kW elektrische Leistung

Gleichwohl fungiert der E-Turbolader unter Last als Generator der bis zu elf kW elektrische Leistung erzielen kann. Mit diesem Strom wird der E-Motor im Doppelkupplungsgetriebe versorgt. Diese permanenterregte Synchronmaschine mit einer Leistung von 40 kW (55 PS) und einem Drehmoment von 150 Newtonmetern ist – wie beispielsweise auch im Panamera – komplett in das Getriebegehäuse integriert. Im Generator-Modus fließen bis zu 40 kW in die mit etwa 27 Kilogramm extrem leichte und aus Gründen der Gewichtsverteilung unter der Fronthaube platzierte Hochvolt-Batterie. Die hat eine Bruttokapazität von gerade einmal 1,9 kWh. Größenmäßig ist der Akku mit einer herkömmlichen 12-Volt-Starterbatterie vergleichbar. Für den T-Hybrid hat Porsche auch die speziell neu entwickelt. Sie wiegt lediglich sieben Kilogramm und ist nur 90 Millimeter hoch.

Höchstmaß an Agilität

Das alles macht sich beim Fahren nachdrücklich bemerkbar. Dabei ist es keinesfalls nur das Leistungsangebot und der E-Turbolader, der die immense Performance ermöglicht. Überragend, wie immer bei Porsche-Modellen, ist auch die Abstimmung des Fahrwerks. Dank der serienmäßigen Hinterradlenkung bietet der GTS E-Hybrid ein Höchstmaß an Agilität.

Lenkung und Fahrwerk überzeugen

Das stellt der Porsche dann auf der Rückfahrt bei strahlendem Sonnenschein und offenem Targadach zunächst auf der Landstraße mit vielen Richtungswechseln, später auf langgezogenen Autobahnkurven eindrucksvoll unter Beweis. Der Elfer lässt sich durch nichts aus der Ruhe bringen, reagiert wunderbar direkt auf jede Lenkbewegung und bleibt konsequent in der Spur. Besser geht’s nicht – denn auch schlechte Fahrbahnabschnitte werden für die Insassen keine Marterstrecken.

WLTP-Verbrauch bei 10,5 Litern

Und der Verbrauch? Mit der Bezeichnung Hybrid ist fast zwangsläufig der Hinweis auf ein Plus an Sparsamkeit verbunden. Beim Vergleich des bisherigen GTS mit der Neuauflage trifft das aufgrund des Leistungszuwachses mit etwas gutem Willen sogar zu. Laut Porsche liegt der WLTP-Wert wie beim GTS-Vorgänger bei 10,5 Litern für die 100-Kilometer-Distanz. Das tatsächlich in der Praxis zu erfahren fällt allerdings schwer.

Der rechte Fuß will aktiv sein

Denn der 911 hängt dermaßen wunderbar am Gas, dass der rechte Fuß immer mal wieder gerne ein wenig stärker aufs Pedal drückt. Doch selbst bei wirklich schneller Fahrt, wie wir es in der Nacht erlebt haben, sind die 13,6 Liter im Durchschnitt noch durchaus akzeptabel. Unterm Strich zeigte der Bordcomputer nach knapp 1.000 gefahrenen Kilometern einen Wert von 11,1 Litern an. Das sind für einen Sportwagen mit diesem Leistungsangebot alles andere als galaktische Dimensionen.

Preis in einer fernen Galaxy

Die tun sich eher auf beim Blick in die Preisliste des 911 Targa 4 GTS als T-Hybrid. Mindestens 192.900 Euro müssen investiert werden, um diesen Porsche zu besitzen. Die Individualausstattung des Testwagen schlägt mit weiteren 30.000 Euro zu Buche.

 

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