Es war eine recht lange Wartezeit. Mehr als drei Jahre sind seit der Ankündigung Nissans vergangen, den Ariya auf den Markt zu bringen. Jetzt aber ist es soweit. Im Herbst werden die ersten Fahrzeuge ausgeliefert.
Anlässlich der Vorstellung des Ariya spricht Nissan von einem neuen Kapitel auf dem Weg in die Zukunft der Elektromobilität der Marke. Eingeschlagen hatte Nissan diesen Weg mit dem Leaf. Seit seiner Markteinführung im Jahr 2010 hat sich das E-Fahrzeug weltweit mehr als 380.000 Mal verkauft. Europaweit waren es seither mehr als 200.000. Der Ariya scheint das Zeug zu haben, in die großen Fußstapfen zu treten. Fast 1.000 Vorbestellungen wurden laut Deutschland-Marketingchef Frank Niewoehner bisher für das neue Flaggschiff der Marke registriert. Und das alles, ohne dass bisher ein Kunde in dem Wagen gesessen oder ihn gar gefahren hat.
Schauen wir doch zunächst einmal auf die Maße und technischen Daten. Mit einer Länge von 4,60 Metern, einer Breite von 1,85 Metern und einer Höhe von 1,66 Metern ist der Crossover eindeutig ein Vertreter der Kompaktklasse. Der 2,78 Meter lange Radstand indessen bietet den Insassen ein Raumangebot, dass mindestens eine Klasse höher anzusiedeln ist. Der Kofferraum fasst bei der Version mit Frontantrieb 468 Liter (415 sind es beim Allradler, der jedoch erst im kommenden Jahr in den Nadel kommt). Bei umgeklappten hinteren Lehnen erweitert sich das Raumangebot auf einer topfebenen Fläche bis auf maximal 1.775 Liter. Und mit der optional erhältlichen Anhängerkupplung kann eine Last von 750 Kilogramm (1,5 Tonnen beim Wagen mit Vierradantrieb) gezogen werden. Auf den serienmäßigen 19-Zoll-Alurädern sind 235/55er-Reifen montiert. 20-Zoll-Felgen mit 255/45er-Pneus sind optional zu haben.
Angeboten wird der Nissan Ariya mit zwei unterschiedlichen Batterien, die eine Kapazität von entweder 63 oder 87 kWh (netto) haben. Bei den Fronttrieblern haben Kunden die Wahl zwischen E-Motoren mit einer Leistung von 160 oder 178 kW (218 oder 242 PS) und jeweils 300 Newtonmetern (Nm). Der Allradler später wird den großen Akku und 225 kW (306 PS) Leistung und 600 Nm bekommen. Laut Datenblatt sprintet der Nissan Ariya in 7,5 beziehungsweise 7,6 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100, 5,7 Sekunden beim AWD. In der Spitze sind demnach 160 oder eben 200 Kilometer pro Stunde möglich. Die unterschiedlichen Reichweiten des zwischen 1,8 und 2,3 Tonnen schweren Ariya gibt Nissan für die Modelle mit Vorderradantrieb mit bis zu 403 für das Basismodell und mit bis zu 530 Kilometern für den Akku mit mehr Kapazität an. Bis zu 500 Kilometer sollen es beim AWD sein.
Ladetechnisch steht für das Einstiegsmodell lediglich ein einphasiger On-Board-Lader mit 7,4 kW zur Verfügung. Auf Wunsch und zu einem happigen Aufpreis von 2.500 Euro gibt es die dreiphasige Ausführung, die dann 22 kW transportieren kann. Damit dauert es dann 3,5 Stunden um den Akku von zehn auf 100 Prozent zu laden, fünf Stunden sind es bei der größeren Batterie, die serienmäßig mit einem 22 kW-Lader kombiniert ist. Doch auch Schnellladen mit Gleichstrom und dem CCS-Stecker ist möglich. Dann dauert es 28 beziehungsweise 30 Minuten, um den Energiestand des Akkus von 20 auf 80 Prozent zu erhöhen.
Während der Fahrt ermittelt der Routenplaner des Navigationssystems die Verfügbarkeit von Ladestationen und die verbleibende Restkapazität. Um die Wohlfühltemperatur des Akkus fürs Laden zu erreichen, lässt sich die Batterie entsprechend vorkonfigurieren. Das aber geschieht leider nicht automatisch, selbst wenn eine Ladestation als Zielort ausgewählt wurde, sondern muss manuell etwa 30 Minuten vor dem Erreichen gestartet werden. Das aber ist keinesfalls nur mit einem Klick möglich. Stattdessen sind mehrere Schritte über den Touchscreen notwendig. Über das mit TomTom kombinierte Navi kann aber zumindest mit einem Filter nach DC-Ladestationen gesucht werden.
Ein weiterer Kritikpunkt ist die Klimaanlage. Mit der Wahl auf Automatik schaltet sich automatisch die Belüftung der vorderen Sitze ein. Die wiederum muss dann händisch über ein kleines Symbol auf dem Screen zunächst angewählt, dann ausgeschaltet werden. Weshalb das so ist, bleibt ein unbeantwortetes Rätsel.
Wunderbar und echt luxuriös gelöst ist dagegen die Gestaltung der Bedienleiste für die Klimaanlage. Die entsprechenden Symbole liegen auf einer vom Fahrerplatz bis zur rechten Seitentür führenden edel aussehenden Leiste unterhalb des eigentlichen Armaturenträgers. Das Verstellen wird jeweils haptisch bestätigt. Für die Lautstärkeregelung ist ein zentral angeordneter Drehschalter zwischen Bildschirm und dieser Leiste platziert.
Überhaupt hinterlassen die Materialien im Innenraum generell einen hochwertig Eindruck. Das beginnt mit den beiden zusammenhängenden 12,3 Zoll großen hochauflösenden TFT-Displays für das Kombiinstrument und das Infotainmentsystem. Das beheizbare Multifunktionslenkrad liegt gut in der Hand, die ebenfalls beheizbaren und zu belüftenden Sitze sind gut gepolstert. Die Mittelkonsole mit einer Ladeschale für das Mobiltelefon liegt ausschließlich zwischen den beiden elektrisch verstellbaren Vordersitzen, kann aber – ebenfalls auf Knopfdruck – ein paar Zentimeter vor- oder zurückgefahren werden. Der Fußraum wirkt so sehr luftig und geräumig. Und wenn es um Raum geht, dann haben die Mitreisenden im Fond viel Freude. Denn hier gibt es jeden Menge Platz. Das gilt für Füße, Beine, Ellenbogen und über dem Scheitel. Auch dann, wenn das 2.000 Euro extra kostende Panorama-Glasschiebedach verbaut ist. Zudem sind die beiden äußeren Plätze hinten sogar beheizbar. Das Gepäckabteil lässt sich durch eine große und ausreichend weit nach oben öffnende Heckklappe einfach beladen. Unter dem Ladeboden liegen weitere Staufächer für Ladekabel und anderen Kleinkram. Zwei separate Deckel erleichtern hier den Zugriff.
Optisch preist Nissan den Ariya als Design-Ikone an. Zugegeben, die Gestaltung der glattflächigen Karosserie mutet schon futuristisch und damit gewöhnungsbedürftig an. Die mächtige Front wird zwar von feinen Lichtleisten und Lufteinlässen durchbrochen. Doch wählt der Kunde eine dunkle Lackierung hat der Ariya anders als bei hellerer Farbe – einen ziemlich bulligen Auftritt. Daran ändert auch die nach hinten abfallende Dachlinie nur wenig. Das aber lässt die Karosserie zumindest coupéhaft und gestreckt wirken lang gestreckt.
Wie der Renault Mégane E-Tech nutzt auch der Nissan Ariya übrigens die neue CMF-Plattform der Allianz. Damit baut die im Boden liegende Batterie um 33 Prozent flacher als noch beim Leaf. Die Gewichtsverteilung zwischen den beiden Achsen ist damit so gut wie ausgeglichen. Zwar lassen es die Tempobeschränkungen in Schweden kaum zu, auf öffentlichen Straßen das Fahrwerk hinsichtlich seiner sportlichen Merkmale auf die Probe zu stellen. Doch in dem einen oder anderen Kreisverkehr, in zwei, drei engen Kurven sowie bei bewusst herbeigeführten schnellen Ausweichmanövern hat der Nissan Ariya unter Beweis gestellt, dass die Entwickler gute Arbeit geleistet haben. Der Wagen bleibt sauber und problemlos in der Spur, zeigt kaum Wankbewegungen und reagiert recht prompt auf Lenkanweisungen. Das gilt sowohl für den Comfort- als auch den Sportmodus – hier strafft sich der Ariya spürbar – die außer einem Eco-Modus manuell angesteuert werden können. Der Komfort stand jedoch bei der Abstimmung von Federung und Dämpfung eindeutig im Vordergrund. So passiert der Ariya auch schlechte Fahrbahnabschnitte, ohne dass Schläge oder Stöße im Innenraum zu spüren sind. Zu loben ist außerdem die Dämmung, denn weder Wind- noch Abrollgeräusche stören das Wohlbefinden.
Zu dem tragen Antritt- und Durchzugskraft des Nissan Ariya ebenfalls bei. Wir waren mit der 160 kW starken Basisversion unterwegs und müssen sagen: Die Leistung sollte für die meisten Ansprüche ausreichen. Gut, auf Landstraßen oder Autobahnen in Deutschland wird ein wenig flotter gefahren, von daher könnte die zweite Leistungsstufe kombiniert mit der dann auch größeren Batterie eine empfehlenswerte Option sein. Wenn’s um den Verbrauch geht überzeugte die Basisversion des Ariya angesichts der vorgeschriebenen extrem ruhigen Fahrweise indessen mit Bestwerten. Einen Durchschnittsverbrauch 13,9 kWh für 100 Kilometern zeigte der Bordcomputer nach etwas mehr als 90 Kilometern an. Das lag deutlich unter dem WLTP-Wert auf dem Datenblatt. Hier sind 17,6 kWh notiert. Übertragen auf einen aktiveren rechten Fuß auf deutschen Straßen sollte dieser Wert dann durchaus realistisch sein.
Der Einstiegspreis für den Nissan Ariya liegt bei 47.490 Euro. Nach Abzug der Mehrwertsteuer liegt der Wagen damit im Förderungsrahmen, so dass es 9.500 Euro Prämie gibt. Der Ariya mit dem größeren Akku und mehr Leistung startet bei 56.990 Euro, die Allradvariante bei 59.990 Euro.
Serienmäßig ist schon die Basisversion recht umfangreich bestückt. Unter anderem sind Wärmepumpe, ein Mode-3-Ladekabel, Audio- und Navigationssystem, Sprachassistent, drahtloses AppleCar Play, Rückfahrkamera, USB-A und C-Eingänge vorne und hinten, LED-Ambientebeleuchtung, asymmetrisch geteilte Rücksitzbank, 19-Zoll-Aluräder, elektrisch bedienbare Heckklappe und LED-Lichtanlage. Ebenfalls im Preis inbegriffen ist eine achtjährige Garantie auf die Batterie oder 160.000 Kilometer.
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