Kategorien: nissan

Nissan Ariya

Oftmals unterschätzt

Richtig gut. Der Nissan Ariya ist ein Elektroauto, das nicht nur in weiten Teilen überzeugt, sondern vermutlich oftmals unterschätzt wird. Es hat aber auch seinen Preis.

Von Wolfgang Schäffer

Der Ariya wirkt irgendwie größer als er tatsächlich ist. Mit einer Länge von 4,60 Metern, einer Breite von 1,85 Metern und einer Höhe von 1,66 Metern ist der Nissan aber eindeutig ein Vertreter der Kompaktklasse. Der Radstand beträgt 2,78 Meter. Das wiederum sorgt für jede Menge Raum im Passagierabteil. Die Sitze vorne sind elektrisch verstellbar, beheizbar und zu belüften. Die Polsterung ist gut, so dass auch die längere Fahrt absolut entspannt zurückgelegt werden kann. Das gilt ebenso für die Rücksitze, von denen die beiden äußeren ebenfalls beheizbar sind. Zudem gibt es im Fond massig Platz für Füße, Beine und Ellenbogen. Und auch über dem Kopf ist reichlich Luft.

Durchdachter Innenraum

Überhaupt haben die Gestalter des Innenraums so gut wie alles richtig gemacht. Hier wirkt alles hochwertig und durchdacht. Das gilt auch für die Bedienleiste, mit der die Klimaanlage gesteuert wird. Statt Tasten gibt es Symbole, die auf einer edlen Leiste in anthrazitfarbener Holzoptik liegen. Diese Leiste zieht sich vom Fahrerplatz bis zur rechten Seitentür unterhalb des eigentlichen Armaturenträgers. Beim Berühren eines Symbols gibt es eine haptische Rückmeldung. Doch die Klimaanlage hat ihre Tücken. Mit dem Berühren des Symbols für die Automatik der Temperaturregelung schaltet sich automatisch die Belüftung der vorderen Sitze ein. Die wiederum muss dann händisch über ein kleines Symbol auf dem Screen zunächst angewählt, dann ausgeschaltet werden. Weshalb das so ist, bleibt ein Rätsel.

Separater Lautstärkeregler

Die beiden zusammenhängenden 12,3 Zoll großen hochauflösenden TFT-Displays für das Kombiinstrument und das Infotainmentsystem geben einen guten Überblick und sind auf den Fahrerplatz ausgerichtet. Für die Lautstärkeregelung ist ein zentral angeordneter Drehschalter unterhalb des rechten Bildschirms platziert. Das mit Leder bezogene Multifunktionslenkrad ist beheizbar und liegt gut in der Hand. Viel Licht kommt von oben durch das ihn diesem Fall serienmäßig verbaute Panorama-Glasschiebedach.

Verschiebbare Mittelkonsole

Sehr geschickt gelöst haben die Designer das Thema Mittelkonsole, die lediglich den Raum zwischen den beiden Sitzen beansprucht, dem Fußraum keinen Platz streitig macht. In der Konsole ist die Ladeschale für das Mobiltelefon untergebracht. Auf der Oberfläche – wieder in Holzoptik – sind zudem Symbole unter anderem für die Wahl der Fahrmodi oder des e-Pedal angesiedelt. Direkt davor liegt der als Handschmeichler gestaltete Wählhebel für den Fahrbetrieb. Der eigentlich Clou aber ist, dass die komplette Konsole auf Knopfdruck ein paar Zentimeter vor- oder zurückgefahren werden kann.

Heckklappe öffnet elektrisch

Elektrisch öffnet serienmäßig auch die große und ausreichen weit nach oben schwingende Heckklappe. Der Kofferraum fasst  468 Liter. Bei umgeklappten hinteren Lehnen erweitert sich das Raumangebot auf einer topfebenen Fläche bis auf maximal 1.350 Liter.  Die Ladekante ist in einer noch immer rückenfreundlichen Höhe. Unter dem Ladeboden liegen weitere Staufächer für Ladekabel und anderen Kleinkram. Zwei separate Deckel erleichtern hier den Zugriff.

Akku mit 87 kW

Der von uns gefahrene Nissan Ariya war mit dem großen Akku bestückt.  Die Lithium-Ionen-Batterie hat eine Kapazität von 87 kWh (netto).  Die E-Maschine mit einer Leistung von 178 kW (242 PS) und  300 Newtonmetern treibt die Vorderachse an.  In der Spitze sind laut Datenblatt 160 Kilometer pro Stunde möglich. Klar, wenn ein solches Tempo häufig auf dem Tacho zu sehen ist, dann schwindet die Energie im Akku sehr schnell.

Bis Tempo 130 noch relativ genügsam

Doch bis 130 Kilometer pro Stunde zeigt sich der Ariya noch erfreulich genügsam. Die Fahrt von Bielefeld nach Frankfurt – immerhin 330 Kilometer – konnte so nicht nur ohne Ladestopp absolviert werden. Am Ankunftsort zeigte das System sogar eine Restreichweite von 50 Kilometern an. Und das bei noch kühlen Temperaturen von um die acht Grad über Null. Die Straßen waren jedoch trocken.

WLTP-Reichweite von 530 Kilometern

Wer auch nur annähernd an die von Nissan angegebene WLTP-Reichweite von 530 Kilometern kommen will, der muss den rechten Fuß aber noch wesentlich sanfter einsetzen und das Tempo weiter reduzieren. In der Stadt mit vielen Rekuperationsphasen im One-Pedal-Driving-Modus sind wir immerhin auf einen Verbrauch von 20,1 kWh für die 100 Kilometer Distanz gekommen. Das bedeutet bei einem Start mit vollem Akku mehr als 400 Kilometer Reichweite. Ebenso wie schon bei der oben beschriebenen flotten Autobahnfahrt ein absolut guter Wert.

Laden mit bis zu 130 kW

Auch beim Laden hinterlässt der Nissan Ariya einen guten Eindruck. An der Schnellladesäule kann mit bis zu 130 kW neue Energie in den Akku geleitet werden. In etwa  30 Minuten steigt die Energie im Akku  von 20 auf 80 Prozent. Erfreulich dabei, dass die Ladekurve relativ lange konstant oberhalb der 100-kW-Marke bleibt – wenn die Batterie eine Restkapazität  zwischen zehn und 15 Prozent hat und der Akku vorkonditioniert ist. Und hier taucht auch nach der Klimaanlage ein zweiter Kritikpunkte am Ariya auf.

Vorkonfigurieren nur manuell möglich

Während der Fahrt ermittelt der Routenplaner des mit TomTom kombinierten Navigationssystems zwar die Verfügbarkeit von Ladestationen und die verbleibende Restkapazität. Der Akku kann dann vorkonfiguriert werden, um die Wohlfühltemperatur fürs Laden zu erreichen. Doch automatisch passiert das nicht. Etwa 30 Minuten bevor die anvisierte Ladestation erreicht wird, muss der Vorgang manuell gestartet werden. Und das mit mehreren Schritten über den Touchscreen. Das ist kompliziert gefährdet letztlich die Sicherheit während der Fahrt.

22-kW-On-Board-Lader in Serie

Verbaut hat Nissan beim großen Akku serienmäßig einen 22-kW-On-Board-Lader. In fünf Stunden kann die Batterie so beispielsweise an der entsprechend starken heimischen Wallbox von zehn auf 100 Prozent befüllt werden.

Tadelloses Fahrverhalten

Der Ariya nutzt die CMF-Plattform der Allianz aus Nissan, Renault und Mitsubishi. Die im Boden liegende Batterie baut deshalb sehr flach. Der tiefe Schwerpunkt, die gute Gewichtsverteilung zwischen den Achsen sowie die gelungene Abstimmung von Federung und Dämpfung führen zu einem tadellosen Fahrverhalten. Einerlei ob auf der wirklich flotten Fahrt über kurvenreiche Landstraßen, auf langgezogenen Biegungen auf der Autobahn oder schnellen Ausweichmanövern:   der Ariya hält problemlos die Spur, zeigt kaum Wankbewegungen und reagiert relativ direkt auf Lenkanweisungen.

Komfort steht im Vordergrund

Und das schon im Comfort-Modus. Wird auf Sport gestellt – zudem gibt es noch Eco – spricht das Beschleunigungspedal eher an und das Fahrwerk wird spürbar straffer. Generell steht aber der Komfort beim Fahrverhalten klar im Vordergrund. Schlechte Fahrbahnabschnitte bewältigt der Ariya souverän. Eine gute Dämmung führt dazu, dass Wind- und Abrollgeräusche kaum im Passagierabteil wahrzunehmen sind.

Optisch futuristisch

Optisch wirkt der Nissan Ariya eher futuristisch. Die Karosserie des Crossover ist glattflächig und mit einer nach hinten abfallenden Dachlinie gezeichnet. Das gibt dem Ariya ein coupéhaftes und gestrecktes Äußeres. Die mächtige Front wird von feinen Lichtleisten und Lufteinlässen durchbrochen. Dennoch wirkt der Auftritt eher bullig.

Umfangreiche Serienausstattung

Serienmäßig ist der  Nissan Ariya als Evolve Pack umfangreich bestückt. Unter anderem sind außer einer Vielzahl von Assistenzsystemen eine Wärmepumpe, ein Mode-3-Ladekabel, Navigationssystem, Bose-Premium-Soundsystem mit zehn Lautsprechern, Sprachassistent, Head-up-Display, drahtloses AppleCar Play, Rückfahrkamera, USB-A und C-Eingänge vorne und hinten, LED-Ambientebeleuchtung, asymmetrisch geteilte Rücksitzbank, 19-Zoll-Aluräder mit 235/55er-Reifen, elektrisch bedienbare Heckklappe und LED-Lichtanlage vorhanden. Ebenfalls in Serie ist der digitale Innenspiegel mit Kamerafunktion. Für Brillenträger mit Gleitsichtgläsern ist das allerdings alles andere als ein Vorteil. Es ist nicht wirklich einfach,  den Blick nach hinten scharf zu justieren.

Alles andere als ein Schnäppchen

Der so ausgerüstete Nissan Ariya steht mit 57.190 Euro in der Preisliste. Auch wenn eine achtjährige Garantie auf die Batterie oder 160.000 Kilometer darin enthalten ist – ein Schnäppchen ist der Elektrowagen von Nissan leider nicht.

 

 

 

 

 

 

Veröffentlicht von
Wolfgang Schäffer

Neuste Beiträge

Kia EV3

Der kleine Bruder Mit dem EV3 bietet Kia jetzt ein rein elektrisch angetriebenes SUV in…

11. November 2024

Kia EV6 GT

Alltags-Sportler Fahrspaß in Reinkultur, dazu eine hohe Alltagstauglichkeit – leider aber auch Verbrauchswerte, die es…

5. November 2024

Kia EV9

Elektro-Flaggschiff Platz ohne Ende. Schnelles Laden und eine ordentliche Reichweite. Der EV9 steht an der…

21. Oktober 2024

Porsche Macan

Erstmals mit Heckantrieb Porsche erweitert die Baureihe des elektrischen Macan um zwei weitere auf jetzt…

21. Oktober 2024

Cupra Terramar

Lediglich elektrifiziert Die Cupra-DNA ist unverkennbar. Auch dem Terramar, neuestes Modell der spanischen Seat-Tochter, haben…

6. September 2024

Peugeot E5008

Elektro-Löwe Der Peugeot 5008 fährt jetzt auch rein elektrisch. Für das siebensitzige SUV stehen drei…

6. September 2024