MG – fällt der Name dieser Automarke, dringt fast automatisch ein Geruch von Benzin und Leder in die Nase und ein flacher Sportwagen taucht vor dem inneren Auge auf. Doch die Zeiten sind vorbei – denn die Marke MG hat mit dem alten englischen Hersteller – mit Ausnahme des Logos – nichts mehr zu tun. Der ehemalige britische Zweisitzer ist zum chinesischen SUV mutiert. Und hat jetzt beim MG ZS EV einen E-Antrieb unter der Haube.
Fangen wir schlichtweg mit den Maßen an. Der MG ZS EV ist 4,31 Meter lang, ohne Außenspiegel 1,81 Meter breit und 1,64 Meter hoch. Der Radstand beträgt 2,59 Meter. Generell erinnert der Wagen an die Zeiten, als die Marke als MG Rover zwischen 1994 und 2000 als BMW-Tochter firmierte. Damals wie heute wirkt die Optik der einstmals britischen Marke alles in allem etwas japanisch. So erinnern die Scheinwerfer ein wenig an ältere Mazda-Modelle. Denn die technische Ausstrahlung von LED-Scheinwerfern gibt es nicht. MG setzt auf klassische Leuchtmittel. Der Grund dafür dürften bei den Kosten zu suchen sein, um den Preis so attraktiv wie möglich zu gestalten. Dazu später mehr. Zudem haben die Kunden den Vorteil, dass bei einem Unfall die Reparaturkosten niedrigen sind. Da lässt sich der deutlich bessere Energieverbrauch der LED-Technologie durchaus verschmerzen. Im Kühlergrill, der an eine frühe Mercedes-Benz A-Klasse erinnert, ist hinter dem MG-Logo die Ladeklappe versteckt. Ein fast logische Anordnung, schließlich ist der MG ZS EV ein umgebauter Verbrenner. Sämtliche Antriebsaggregate liegen unter einer klassischen Motorhaube. Auch hier hat der chinesische Hersteller SAIC, der eng mit dem VW-Konzern verbandelt ist, und in China auch VW. und Skoda-Modelle baut, die Kosten im Auge gehabt. Die im Vergleich zu vielen neu konzipierten E-Modellen Nachteile hinsichtlich des Packaging sind zwar zu erkennen. Das Platzangebot ist aber immer noch gut. Die Zusammenarbeit mit VW hat außerdem dazu beigetragen, dass der MG ZS EV beim Euro NCAP-Crashtest mit der Bestnote von fünf Sternen bewertet wurde. Vom Band rollt der chinesische Stromer in den Versionen Comfort oder Luxury. Letztere, mit der wir auch unterwegs waren, beinhaltet alle Features des Komfortpakets und verfügt darüber hinaus zum Beispiel über 17-Zoll-Räder. In der Serie sind es16-Zoll-Felgen. Fünf unterschiedliche Aussenfarben stehen zur Verfügung, ohne Aufpreis gibt es Dover White. Die Batterie ist, wie bei E-Autos üblich, unter der Karosserie angebracht. Die Außenspiegel sind beheizbar, verfügen über einen Blinker, lassen sich elektrisch verstellen und in der Luxury-Ausstattung sogar automatisch ein- bzw. ausklappen.
Wie schon angemerkt, das Platzangebot für die Beine ist auch auf der Rückbank für ein Fahrzeug dieser Größenordnung absolut in Ordnung. Aufgrund des hier verbauten Panorama-Glasdachs wird es für Sitzriesen in Sachen Kopffreiheit dagegen etwas enger. Doch nur für die. Auf den Vordersitzen können Personen zwischen 1,65 und 1,95 Meter sehr gut sitzen, in der Luxury-Ausstattung erfreut man sich über beheizbare Vordersitze. Der Fahrerplatz lässt sich in der Höhe verstellen und ist in der Luxury-Ausstattungslinie zudem elektrisch einstellbar. Die Materialien sind von guter Qualität, nichts knarzt oder knackt und die Kunstleder-Sitze dürften auch die vegane Zielgruppe ansprechen. An der Verarbeitung gibt es, vor allem wenn man den Preis im Hinterkopf behält, ebenfalls nichts auszusetzen. Weniger gut, dass sich das an der Unterseite abgeflachte Lenkrad nur in der Höhe und nicht in der Tiefe verstellen lässt. Das schränkt die Möglichkeit ein, eine wirklich ergonomisch günstige Sitzposition am Steuer zu finden. An dem sind übrigens wichtige Bedienelemente rechts und links angesiedelt. Hinterm Lenkrad liegen die klassischen Rundinstrumente, sondern auch ein kleines Info Display, auf dem weitere Informationen angezeigt werden. Der Motor wird über den Start-Stop Knopf gestartet oder abgestellt.
Die Wahl der Fahrstufen erfolgt über ein Drehrad auf der breiten Mittelkonsole. Weiter vorn auf der Konsole liegt eine Schalterleiste für die Anzeige der Reichweite, für die dreifach einstellbare Rekuperation – KERS genannt – und für die drei Fahrmodi. Direkt darüber sind einfache Drucktasten für die Sitzheizung sowie klassische Bedienelemente für die Klimaanlage platziert. Eine Temperaturanzeige gibt es aber nicht. Lediglich eine Balkenlinie mit den Farben von Blau über Orange bis Rot zeigt an, ob es wärmer oder kälter wird. Lobenswert hingegen, dass SAIC beim MG an einem echten Lautstärkeregler für das Infotainment-System mit Touchscreen festgehalten hat
Ablageflächen gibt es in den Türen, im Handschuhfach, in der Mittelkonsole sowie darunter. In diesem versteckten Bereich liegen zwei USB-Anschlüsse sowie eine Zwölf-Volt-Steckdose. In der zweiten Reihe gibt es einen weiteren USB-Anschluss. Auch elektrische Fensterheber sind hinten verbaut, aber leider verfügen diese über keinen Einklemmschutz. Das ist vor allem dann gefährlich, wenn man die Fenster von vorne schließt und die Kinder hinten gerade ihre Hand durchstrecken.
ISOFIX-Halterungen gibt es auf den äußeren Sitzplätzen im Fond und die hinteren Türen sind mit einer Kindersicherung ausgestattet.
Das Multimedia-System ist sicherlich kein Highlight. Doch unterm Strich gibt es alles, was notwendig ist. Dazu zählt die Integration von Apple CarPlay und Android Auto.
Wird das eigene Smartphone verbunden, lässt sich über die Sprachbedienungstaste auch Siri und Co. aktivieren. Über das Display des Touchscreens wird das Bild der in dieser Version serienmäßigen Rückfahrkamera angezeigt.
Bereits in der Serie rollt der MG ZS EV mit einem adaptiven Tempomaten, einer Lichtautomatik, einem Geschwindigkeitsassistenten, einen Notbremsassistenten, einer Auffahrwarnung und einem Spurhalteassistent vor. Dazu gesellt sich noch der Stauassistent und eine Verkehrszeichenerkennung. Mit der Luxury-Ausstattung sind darüber hinaus noch ein Totwinkel-Warner, ein Querverkehrswarner und der Spurwechselassistent an Bord. Einige Assistenzsysteme sind allerdings lediglich bis Tempo 60 aktiv.
Das Ladevolumen des Kofferraums beträgt 448 Liter. Werden den hinten Lehnen vorgeklappt – im Verhältnis 60:40 – wächst der Stauraum auf etwa 1.116 Liter. Es entsteht allerdings keine ganz ebene Ladefläche. Unter dem doppelten Ladeboden ist noch Platz für das Notfall-Pannenset, sowie für die Ladekabel. Die Ladekantenhöhe fällt mit 75 Zentimeter relativ hoch aus und die Heckklappe schwingt nur auf etwa 1,80 Meter hoch. Wer größer gewachsen ist, muss halt den Kopf einziehen. Positiv im Ladeabteil sind Netzte auf der rechten und linken Seite. Negativ fällt die schlechte Beleuchtung auf. Geöffnet wir die Heckklappe übrigens mit einem Druck auf das MG Emblem.
Zu viel Gepäck sollte es aber nicht sein, dass mit auf Reisen geht. Die Zuladung darf 432 Kilogramm nicht überschreiten. Zwar darf der MG ZS EV keinen Anhänger ziehen , eine Kupplung mit einer Stützlast von 75 Kilogramm für einen Fahrradträger ist aber erlaubt.
Unter der klassischen Motorhaube haben die SAIC-Ingenieure den Verbrenner aus- und das elektrische Antriebssystem mit einem Permanentmagnet-Synchronmotor eingebaut. Die Spitzenleistung der E-Maschine beträgt 105 kW, die Dauerleistung 68 kW und das maximale Drehmoment wird mit 353 Newtonmetern (Nm) angegeben. Wird der Fuß voll aufs rechte Pedal gedrückt, dann beschleunigt der MG ZS EV innerhalb von 3,1 Sekunden auf Tempo 50. Nach insgesamt 8,2 Sekunden hat die Tachonadel die Marke 100 erreicht. Die Höchstgeschwindigkeit ist zugunsten der Reichweite auf Tempo 140 begrenzt.
Und damit sind wir schon bei einem der entscheidenen Punkte des Stromers aus China. Denn Reichweite ist mit einem WLTP-Wert von 263 Kilometern nicht gerade überragend, ganz klar auf den überwiegenden Einsatz im städtischen Bereich ausgelegt. Im NEFZ sind es übrigens 335 Kilometer. Die Fahrt im urbanen Feld zeigt aber schnell, dass die WLTP-Angabe nicht nur realistisch, sondern sogar getoppt werden kann, da die Rekuperation eine Menge Energie in den Akku transportiert. MG gibt den Stromverbrauch gemäß WLTP mit 18,6 kWh auf 100 Kilometer an. Wir sind bei Temperaturen knapp unter dem Gefrierpunkt auf einen kombinierten Verbrauch von 21,7 kWh gekommen. Im reinen Stadtverkehr waren es 18,2 kWh, auf der Landstraße bei konstant Tempo 80 zeigte der Bordcomputer 18,4 kWh an. Erst wenn es auf der Autobahn richtig schnell zu Sache geht oder für Überholmanöver stark beschleunigt werden muss, saugt der Motor eine richtig große Menge Strom aus dem Akku. 26 bis 27 kWh sind dann normal. Zwar limitiert die kleine Batterie die Reichweite, sorgt auf der anderen Seite aber auch für weniger Gewicht und drückt natürlich den Preis entsprechend nach unten.
Reizt man diese nicht aus, dann bleibt es im Innenraum angenehm leise, erst bei höheren Geschwindigkeiten kann man die Abrollgeräusche der Rad-Reifenkombination, sowie die Windgeräusche deutlicher wahrnehmen.
Der MG ZS EV ist ein so genannter Nasenlader. Das ist zunächst einmal eine gute Sache, da es so meist einfach ist, eine Ladesäule anzusteuern. Doch die Ladeklappe vorn in diesem Fall nicht nur Vorteile. Wird das MG Logo im Gesicht gedrückt, schwingt die Ladeklappe nach oben. Anschließend müssen zwei Gummiabdeckungen mit viel zu kurzem Befestigungsgummi abgezogen und nach dem Ladevorgang recht mühsam wieder aufgesteckt werden. Gut gemeint lässt sich das als gymnastische Grundübung beschreiben, da alles in der Hocke oder mit extrem gebeugtem Oberkörper erfolgen muss. Doch es ist unterm Strich schlichtweg einfach nur nervige Fummelei. Jetzt aber zur Technik: Der MG ZS EV verfügt über einen 6,6 kW On-Board-Charger, damit ist er zwar nicht Up-to-date, aber über Nacht auch wieder voll. Genauer gesagt, innerhalb von etwa 7,5 Stunden, denn die Batteriekapazität beträgt 44,5 kWh. Wird der Stromer an einer normalen Haushaltsteckdose geladen, dann dauert es bei einer Ladeleistung von 2,3 kW knapp 22 Stunden, um den leeren Akku wieder komplett mit Energie zu versorgen.
An einem Schnelllader soll es laut MG innerhalb von 40 Minuten gelingen, den Stromspeicher von Null auf bis zu 80 Prozent zu befüllen. Das natürlich nur bei idealen Bedingungen hinsichtlich Temperatur und Aggregatszuständen. Durchschnittliche Ladewerte dürften bei etwa 45-53 kW liegen.
Dank des relativ geringen Gewichts von nur etwas mehr als 1,5 Tonnen hat der bis zu 105 kW starke Elektroantrieb keine Probleme das Fahrzeug flott anzutreiben. Die Lenkung wirkt ein wenig schwerfällig, könnte zudem eine Spur präziser ausgelegt sein, um das Handling vor allem bei schnellen Richtungswechseln zu verbessern. Das Fahrwerk ist eindeutig auf Komfort ausgelegt. Das macht sich bei leichten Wankbewegungen in flott gefahrenen Kurven bemerkbar, sorgt aber auf der anderen Seite dafür, dass kaum Stöße oder Schläge zu den Passagieren durchdringen. Die Rekuperationsleistung lässt sich in drei Stufen einstellen. Bei der stärksten Einstellung kommt schon fast das One-Pedal-Driving-Gefühl auf. Die Bremsanlage selbst lässt sich sauber dosieren und verfügt über einen angenehmen Druckpunkt. Alles was man während der Fahrt bedienen muss, kann man ablenkungsfrei erledigen, nur das Navi-Display ist eventuell etwas zu tief angebracht, da muss man den Blick schon recht weit von der eigentlichen Fahraufgabe absenken.
Der MG ZS EV ist natürlich förderungsfähig, kostet in der Basis mindestens 32.170 Euro und in der besseren, hier gefahrenen Luxury-Ausstattung 34.170 Euro. Abzüglich des Herstelleranteils von 3.750 Euro und der staatlichen Förderung in Höhe von 6.000 Euro kostet der Stromer aus der SAIC-Fertigung mit Vollausstattung 24.420 Euro. Das ist schon mal eine klare Ansage bei dem umfangreichen gepackten Serienpaket. Das einzige was Aufpreis kostet, ist die Außenfarbe. Die schlägt mit 650 Euro zusätzlich zu Buche, wenn ein weißes Auto keine Option ist
Der MG ZS EV tritt im hartumkämpften B-Segment der SUV an. Dort gibt es inzwischen einige Mitbewerber mit elektrischen Antrieben. Opel Mokka-E, Peugeot e2008 aber auch der Mazda MX-30 sind hier Wettstreiter um die Gunst der Kunden. In naher Zukunft könnte außerdem der Dacia Spring eine gewichtige Rolle spielen.
Der MG ZS EV ist ein Vernunftsauto und bietet so ziemlich alles was man braucht, um von A nach B zu kommen. Wer mit der Reichweite auskommt, nicht noch mehr Luxus braucht und ein günstiges Elektroauto sucht, der sollte den Stromer mit chinesischen Wurzeln Alternative in Betracht ziehen und seine gegebenenfalls vorhandenen Vorurteile über Bord werfen. Wir haben das nach den ersten Fahreindrücken jedenfalls getan. Für den Preis bietet dieses Fahrzeug wirklich vieles, was andere Herstellern zusätzlich in Rechnung stellen. Und die Garantie von sieben Jahren oder 150.000 Kilometer (je nachdem, was zuerst eintrifft) zeigt, dass SAIC beziehungsweise MG von der Qualität des Autos absolut überzeugt sind. Nachteilig ist derzeit noch, dass es aktuell noch ein recht dünnes Händlernetz gibt. Doch das soll sich möglichst schnell ändern.
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